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CHURCH chill, Freiburg

Aufbruch in Freiburg.

Bautafel

Standort Offenburger Straße 52, 79108 Freiburg

Bauherr Gisinger Gruppe, Freiburg

Planung ARCHITEKTURBÜRO AN DER MILCHSTRASSE, Freiburg

Ausführung maler-meier GbR, Emmendingen

  • Leichtigkeit durch Öffnungen und Farbe.

    Leichtigkeit durch Öffnungen und Farbe.

  • Das Gebäude im Jahr 2010.

    Das Gebäude im Jahr 2010.

  • Das frische Orange wurde als Hommage an die Zeit der Entstehung gewählt.

    Das frische Orange wurde als Hommage an die Zeit der Entstehung gewählt.

  • Der Abriss der Kirche St. Elisabeth schien unabwendbar. Heute hat der Betonbau eine Zukunft als lichtes Wohnhaus.

    Der Abriss der Kirche St. Elisabeth schien unabwendbar. Heute hat der Betonbau eine Zukunft als lichtes Wohnhaus.

  • Für die neue Fassade wurden Alu-Dibond-Platten als Kontrast zum rauen Betonfinish verwendet.

    Für die neue Fassade wurden Alu-Dibond-Platten als Kontrast zum rauen Betonfinish verwendet.

  • Vorher: Eine kleine Kapelle

    Vorher: Eine kleine Kapelle

  • Nachher: Raumhohe Fensterflächen ermöglichen einen starken Sichtbezug.

    Nachher: Raumhohe Fensterflächen ermöglichen einen starken Sichtbezug.

  • Individueller Wohnraum durch alte Kirchenwände.

    Individueller Wohnraum durch alte Kirchenwände.

  • Das luftige Treppenhaus erstreckt sich über fünf Geschosse und wird von oben belichtet.

    Das luftige Treppenhaus erstreckt sich über fünf Geschosse und wird von oben belichtet.

Im nördlich der Metropole Freiburg im Breisgau gelegenen Stadtteil Zähringen begann 2011 das Projekt „CHURCH chill“.  Der 1965 fertiggestellte Betonbau war von Anfang an umstritten. Sein Architekt, der Karlsruher Rainer Disse (1928–2008), wünschte sich nicht von ungefähr bei der Einweihung: „Möge die Kirche St. Elisabeth von der jungen Gemeinde richtig verstanden werden und durch ihre Einfachheit etwas von der Würde ausstrahlen, die einem Gotteshaus eigen ist.“ Die mit den Abdrücken der Schalbretter versehenen Oberflächen wirkten im Zusammenspiel mit der provokanten, schon bald nach der Eröffnung in Teilen entfernten Ausstattung des Bildhauers Franz Gutmann äußerst befremdlich auf die Gemeindemitglieder. Faktische Probleme wie die schlechte Akustik führten später zu Veränderungen, die die Klarheit des Innenraums empfindlich schmälerten. Auch wenn die Gemeinde die Gestalt gewordene Suche des Architekten nach Einfachheit nicht mittragen konnte, war die Kirche doch rund 40 Jahre lang ein Ort christlicher Gemeinschaft. Als aus ökonomischen Gründen ein Zusammenschluss mit der Schwestergemeinde St. Konrad entstand, wurden die Tore von St. Elisabeth verriegelt. Die Entweihung erfolgte 2006. Im selben Jahr stellte die Stadt Freiburg den Bau unter Denkmalschutz.

 

Nachdem auch der Versuch misslang, mittels Studentenentwürfen neue Ideen zu generieren, beantragte die Gemeinde den Abbruch. „Eine Freiburger Kirche darf nicht der Abrissbirne zum Opfer fallen“, dachte Christian Engelhard von der ortsansässigen Gisinger Gruppe, als er davon erfuhr, und nahm Kontakt zum erzbischöflichen Ordinariat auf. Nach Besichtigung der inzwischen verwilderten Liegenschaft erbat er ein Moratorium von neun Monaten, um eine Folgenutzung entwickeln zu können. Als Partner gewann Christian Engelhard Klaus Schäfer, der inzwischen mit der Architektur, der Substanz und den Ansprechpartnern bestens vertraut war.

 

Allein die gesetzlichen Anforderungen an den Brandschutz und die energetische Sanierung

waren für den Einbau von Wohnungen in ein Gebäude von 25 Metern Breite, 35 Metern Länge und 9 Metern Höhe eine große Hürde. Hinzu kamen die unberechenbaren Stellschrauben für die Umwandlung: eine „kirchenverträgliche“ Folgenutzung, der Erhalt des Denkmals trotz notwendiger Eingriffe und Disses Urheberrecht. In kurzer Zeit wurde ein architektonisches Konzept erarbeitet, das man Schritt für Schritt mit den Vertretern der Kirche, der Stadtverwaltung und des Denkmalschutzes abstimmte.

 

Im Inneren blieben die mit dem Bau unmittelbar verbundenen Elemente erhalten, wie etwa das schwere Eingangsportal aus Eisen, die von dem Künstler Emil Wachter entworfenen Glasfenster oder Teile der Empore. Ein Sonderelement ist der ehemalige Tabernakel, der zunächst in die einzelnen Etagen integriert werden sollte. Um seine an Le Corbusier gemahnende skulpturale Wirkung zu erhalten, wurde er freigestellt und ist nun durch die raumhohen Fenster der angrenzenden Wohnungen in seiner ganzen beeindruckenden Größe und Farbigkeit erlebbar.

 

Von außen besticht die Erhöhung um zwei Geschosse, die dem einst gedrungen wirkenden Baukörper zu einer angenehmen Proportion verhilft. Für die neue Fassade wählten die Architekten Alu-Dibond-Platten als Kontrast zum rauen Betonfinish: Ihr frisches Orange wurde als Hommage an die Zeit der Entstehung gewählt. Dahinter gruppieren sich auf fünf Geschossen insgesamt 42 Wohnungen um ein großzügiges, offenes Treppenhaus. Dieses Gestaltungskonzept überzeugte auch Disses Sohn, der daraufhin auf die Anwendung des Urheberrechts verzichtete.

 

Der Vorplatz erscheint trotz der neuen Tiefgarage unverändert, da die alten Bänke und Waschbetonplatten nach dem Abbau eingelagert und später wieder installiert wurden.

Nach Fertigstellung auch der Freianlagen und dem Säubern des Betons wirkt das Anwesen unverhofft frisch und geradezu neu zwischen den in die Jahre gekommenen Wohnungsbauten. „Die Kirche sollte sich frei machen, sie sollte einen Inselcharakter erhalten“ – dieses Anliegen des Architekten Disse löst sich erneut ein. Das aus dem Verkauf der Kirche erlöste Geld investierte die Gemeinde übrigens in die Zukunft: Sie errichtete einen neuen Kindergarten.

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